Heinz Schenk ist tot – Meine Lieblingsbüttenrede von ihm 1983

Diese Büttenrede von Heinz Schenk zu Karneval fand ich damals so toll, als ich sie im „Blauen Bock“ hörte – und war begeistert, als ich von einem mir bekannten Schauspieler aus Köln hörte, dass er die Sendung mitgeschnitten hatte, weil er mit einem Kollegen zusammen eine Revue machte, in der sie Heinz Schenk parodierten. Schon das Abtippen der Rede (natürlich noch mit der Schreibmaschine) machte nochmal großen Spaß:

(und gerade sehe ich: Die gibt es ja auch bei Youtube )

Büttenrede Heinz Schenk Karneval 1985

Narhallamarsch, rhytmisches Klatschen.
Heinz: So, erstmal kontrollieren). Die Brill‘ ist dabei und der Vortrag auch, weil, die Brill‘ ist ja sehr wichtig bei solchen Sachen .
(Hebt an) In jedem Jahr zur Fastnachtszeit
wenn man im Lande weit und breit
in Büttenreden, selbst gedichtet,
mit Witz und mit Humor berichtet,
da fragt ma sich, was soll ma bringe,
soll ma politisch zum Gelinge
en Vortrag halte, mal ganz ehrlich,
vor Wahle ist das sehr gefährlich.
Denn einer fühlt bei diesen Reden
sich immer uff den Schlips getreten,
egal, an wem ma übt Kritik –
ich red‘ net über Politik

Und außerdem Noch nicht! (da anhebendes Klatschen),
und außerdem,
da sind die Theme,
weil sie ja alle Redner nehme,
meist abgedrosche, des geht schnell,
dann is‘ ma nit mehr aktuell.
Deswegen sag ich nichts von Wende,
nix von Parteie, nix von Spende,
bei mir hört ma kein Wort von Flick –
(energisch) ich red‘ nit über Politik!

Tusch

Ich sach nit, daß man Renten kürzt,
und dann , was die Pointe würzt,
sich selbst den Zaster, Kies, die Flöhe,
durch die Diäte zu erhöhe,
bring nix über die Zwangsabgabe,
daß die, die se genomme habe,
sie zahlten ungern jüngst zurück –
ahaha – ich red‘ net über Politik! (schlau)
Nein !

Gewerkschafte! (Applaus)
Gewerkschafte, die sind tabu,
die loss ich lieber gleich in Ruh,
sag nix von 35 Stunde,
nix von Tarife und von Runde,
schäng auch nit auf die Arbeitgeber,
im Ernstfall einigt ja der Leber,
und der kleine Mann zahlt die Musik –
(kopfschüttelnd) ich red‘ net über Politik! Nein !

Tusch !

Ich sag net, daß die Wälder sterbe,
weil so kein Blumetopf zu erbe,
Sprech nit von Katalysatore,
das kommt de Leut schon aus de Ohre,
sag nicht, wir müßten 100 fahre,
den Vorschlag kann ich mir ersparen –
man rast ja doch, bricht sich des Gnick –
ich red nit über Politik! (listig)

Und auch die Witze, die parteilich,
die finden viele unverzeihlich,
mach ich e Späßche übern Kohl,
da lacht die SPD, jawohl.
Tu ich des übern Vogel mache,
da weiß hier keiner, soll er lache?
Weil er zwei Vögel hat im Blick –
(schnell anschließend) ich red‘ net über Politik, nein! Tusch !

Im Notfall lachen dann die Grünen,
doch würde ich mich hier erkühnen,
unbiologisch was zu sage,
was von Rakete vorzutrage,
etwa Atomkraft anzupreise,
würd‘ man mich in der Luft zerreiße,
in dieser unsrer Republik –
ich red’ net über Politik, nein! (röchelnd zum Schluß) (Applaus)
Ich sag net, daß mer soviel esse
(beschaulich werdend) den Hunger uff der Welt vergesse, sitzt mer daheim und ißt sei Rippche, denkt jeder nur ans eigne Dippche,
warum soll ma auf was verzichte,
gibt’s zuviel Obst, ma tut’s vernichte,
dann gehn die Preise nicht zurück –
ich (abgehackt) red net über Po li tik!
\
Tusch!, Applaus.

Ich sag nix über Arbeitslose,
stell für die Zukunft kei Prognose,
von Frieden reden hat kein Zweck,
es knallt ja doch an jeder Eck,
schwätz nicht von Schornsteinen, verrußten,
und was die in die Gegend pusten, .
frag‘ nit, warum der Smog so dick –
ich red nit, Herr Oberbürgermeister, (anzüglich werdend)
über Politik, neeein!

Hahaha, (Applaus)
Ich bring nix über Gastarbeiter,
von mir aus steigt der Dollar weiter,
e Mikrophonprob‘ von Herrn Reagan ,
die peinlich, ich hab nix dagegen,
ob Honecker die Reise bucht ,
und uns hier endlich mal besucht,
erscheint bei mir nicht als Replik –
ich uäuäuäuäuä räd nät übä Politik, nooooin ! (lippenwabbernd)

Tusch!
Ich spreche nit von Konferenzen
und daß Europa voller Grenzen,
ich sage nix von Subventione,
damit tu ich sie gern verschone,
was Schlesiens Landsmannschaft so treibt,
an Mottos und Artikel schreibt,
des mache annere publik –
ich red nit über Politik (retardierend werdend), Gell, Herr Hupka!
Ja, also! ( Applaus )

Das war, ihr liebe Narrhalesen,
mein Büttenvortrag heut gewesen,
der, sieht man ihn hier einmal kritisch,
wie jeder hörte, unpolitisch.
Ich hoff, ma macht sich da nix draus, gell,
und ich krieg trotzdem jetzt Applaus.
(Erhebt die Stimme) Komm ich im nächsten Jahr zurück –
Dann red ich über Politik!!! Jaaaaa !

Tusch. Tusch! Tusch!
Verkehrt herum, ha! Muah ! Küßchen – muß ich immer ganze Jahr drauf warte. Immer ein ganzes Jahr drauf warte, ja.

Ja. Uihuihuih. Also, en paar Minuten werden wa überziehen, ich bin der Überzieher vom Dienst , en paar Minute, mir ham noch Finale für sie. Vorher darf ich ihnen sagen: Sie warn das netteste Publikum , was ich in meiner ganzen Berufslaufbahn kennengelernt habe (Applaus) – das, das ist kein fauler Zauber, das ist Dienst am Kunden, was ich gesagt hab, gell. Das bin ich also Ludwigshafen schon schuldig. Der nächste blaue Bock, Herr Oberbürgermeister, kommt zu Ihnen am 23. März nach Offenbach, wir freuen uns darauf. Und jetzt haben wir ein Finale mit Stimmungsmelodien, sie werden einen gewaltigen Einzug hier erleben, hier ist unser großes Finale

Tuschtuschtusch !

 

Nachtrag: Ich hatte gedacht, diese Rede sei 1985 gehalten worden – so hatte ich es  mir damals auch aufgeschrieben – offenbar war es aber schon 1983.

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