Auch in der Marktwirtschaft darf enteignet werden

Mein Beitrag heute früh für hr-info:

(Da der Beitrag längst nicht mehr auf der hr-info-Webseite steht, habe ich am 1.12.2024 den ursprünglichen Audiobeitrag inklusive Text hier eingefügt.)

 

In der DDR, Im Sozialismus, hatte der Staat die meisten Unternehmen den privaten Eigentümern weggenommen und betrieb sie selber.

Und deshalb gab es für Karl Eduard von Schnitzler, den Chefpropagandisten des DDR-Fernsehens, inder DDR keine Arbeitslosen oder Mietwucher und andere soziale Probleme:

„Denn alle diese ErscheInungen sind auf das Profitstreben zurückzuführen und auf den Grundwiderspruch des Kapitalismus. Nämlich: Gesellschaftliche Produktion bei privater Aneignung der Produktionmittel.“

Aber: Auch in der Bundesrepublik wird – manchmal – enteignet: Die Hypo Real Estate Bank (HRE) etwa: Die war 2009 quasi pleite. Sie wurde nur mit Zig Milliarden Steuergeldern am Leben gehalten. Dafür übernahm der Bund sämtliche Aktien, er enteignete die Aktionäre gegen einen Euro dreißig Entschädigung pro Aktie.

FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms war sauer:

„So geht das nicht! Enteignung ist ein Instrument der sozialistischen Planwirtschaft und nicht der Sozialen Marktwirtschaft!“

Es ging aber doch:

Denn im Grundgesetz, Artikel 14 steht: „Eigentum verpflichtet“. Tut es das nicht, kann enteignet werden:

„Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt“.

Wer also ein Haus, ein Grundstück, ein Unternehmen besitzt, darf damit nicht schalten und walten wie er will. Wenn eine Stromtrasse, ein Braunkohletagebau, eine Straße, eine Bahnstrecke gebaut wird, und jemand will dafür sein Grundstück nicht verkaufen, kann er enteignet werden, gegen Entschädigung.

Das kommt immer wieder vor. Es gibt dafür eigene Enteignungsbehörden – in Hessen sind das die Regierungspräsidien.

Dass der Staat ein funktionierendes Unternehmen enteignet – das gab es in der Bundesrepublik bisher nicht. Höchstens eben mal eine marode Bank.

Trotzdem spottete Gerhard Schröder, Ex-Kanzler, und in den siebzigern mal Chef der sehr linken Jusos in der SPD, über seine Nachfolgerin:

„Wir haben damals mit breiten Mehrheiten, Stamokap hin, Stamokap her, beschlossen, dass endlich die Banken verstaatlicht werden müssen. Und  die Merkel tut das jetzt, das ist doch erstaunlich!“

In Artikel 15 des Grundgesetzes steht, dass Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel in Gemeineigentum überführt werden können.

Das forderte sogar die CDU im ihrem ersten Grundsatzprogramm, 1947, dem „Ahlener Programm“: da wollte sie Kohlebergwerke und große Stahlkonzerne „vergesellschaften“.

Das steht längst nicht mehr im CDU-Programm. Aber auch heute würde Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, CDU, eingreifen, wollte ein ausländisches Unternehmen gegen seinen Willen ein deutsches Unternehmen übernehmen:

„Es kann bis dahin gehen, dass der Staat sich vorübergehend an Unternehmen beteiligt. Nicht, um sie zu verstaatlichen und dauerhaft zu führen, sondern um zu verhindern, dass Unternehmen, die für die Schlüsseltechnologie und die Schlüsselkompetenz dieses Landes wichtig sind, weggekauft werden, aus dem Land weggehen, ihre Potentiale verlagern.“

Das soll aber, so Altmaier, „nur das letzte Mittel“ sein, denn eigentlich sei der Staat „ein lausiger Unternehmer“.

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