Ebbe langts! No Fire, No Virus, No Freedom?

Melanie Brinkmanns Traum

Das Mehrfamilienhaus im dicht bebauten Vorstadtviertel hatte gebrannt. Und brannte immer noch ein wenig, aber die Feuerwehr hatte fast alles gelöscht. Einige kleinere Glutnester waren noch zu sehen. 

Zwei der drei großen Löschwagen hatte der Einsatzleiter schon bedeutet, dass sie sich für den Abzug vorbereiten könnten. Plötzlich hörte man eine Explosion im Hinterhaus. Warum auch immer. Munition, illegal gelagert? Oder hatte jemand Feuerwerkskörper gehortet, damit er nicht beim nächsten Mal knalltechnisch auf dem Trockenen sitzen würde, falls der Corona-Lockdown auch noch zum kommenden Silvester andauern sollte? Was genau die Ursache war, konnte man nicht wissen, allein: Es musste sofort gehandelt  werden.

Denn die Flammen loderten nach der Explosion wieder auf, eine neue Feuerwelle brach los. Die Menschen drumrum, die auf das Ende des Brandes gewartet hatten, und auch die Feuerwehrleute, die gerade erschöpft dieses Kapitel nach den schweißtreibenden Löscharbeiten für sich hatten abschließen wollen, stöhnten auf.

“ Hört das denn nie mehr auf?!“ schimpften einige. „Naja“, sagte eine Frau, „aber guckt mal, es brennt schlimmer als bei der ersten Welle, als die Feuerwehr gekommen war. Die müssen doch weiter Weiterlesen

„Der Wein, dass ich genese, reift nicht, zerstört längst vor der Lese …“

Mitternachtsbrief X
(Marseille, Silvester 1940/41, in memoriam)

Die SA demonstrierte vor dem Theater gegen sein Stück „Der Kaufmann von Berlin“, Josef Goebbels hetzte gegen ihn und wünschte ihn im Nazi-Blatt „Angriff“ „An den Galgen“. Seine Bücher wurden am 10. Mai 1933 verbrannt. Er konnte vor den Nazis nach Frankreich und 1941 in die USA fliehen, bevor er Nazi-Deutschland ausgeliefert werden konnte. Viele andere Schriftsteller, denen das verbrecherische Hitler-Regime nach dem Leben trachtete, überlebten es nicht, auch wenn sie es ins Exil geschafft hatten. Erich Mühsam, Carl von Ossietzky, Ernst Toller, Kurt Tucholsky, Ödon von Horvath, Ernst Weiss, Josef Roth, Theodor Lessing, Walter Hasenclever. Viele von ihnen hatten Selbstmord begangen. In der Silvesternacht 1940/41 – vor 80 Jahren – schrieb er ein bitteres Gedicht in Erinnerung an all diese Menschen und Gefährten im Kampf gegen die kriminellen „Hunnen“, die ganz Europa mit Krieg überzogen hatten. Dieses empathische Gedicht Weiterlesen

Nervengift für Spaßmacher*innen: Das Paprika-Schnitzel

Als hätten wir uns 2020 nicht mit dem rassistischen Mord an George Floyd befassen müssen; und mit den rassistischen Morden an neun Menschen in Hanau; und als hätte es nicht 2019 den Versuch eines rassistischen Mörders gegeben, über 50 jüdische Menschen zu ermorden, die sich in Halle in ihrer Synagoge versammelt hatten, um Jom Kippur zu feiern; und als wäre es nicht in den Öffentlich-Rechtlichen Medien (für die ich auch arbeite) und in den vielen, vielen seriösen Tages- und Wochenzeitungen, Zeitschriften, Online-Medien mittlerweile klar, dass Rassismus ein viel zu oft tödliches und strukurell menschenfeindliches Phänomen in Deutschland ist, kann sich plötzlich im Öffentlich-Rechtlichen WDR-Fernsehen eine Runde erschreckend flacher Spaßmacher*innen versammeln und alles mit einer tumben, stupiden, ignoranten und doch abstoßend von sich selbst und seiner/ihrer volksverbundenen Schläue überzeugten Genervtheit wieder auf einen Stand zusammenschnurren lassen, als hätten wir gerade 1959 oder 1967 oder jedenfalls ganz lange her.

„Was dürfen wir jetzt sagen?“ fragen die Comedians, die diese Debatten in den letzten Jahren zwar mitbekommen haben müssen, sie aber wahrscheinlich einfach uninteressant und eben „nervig“ fanden Weiterlesen