Audiatur et altera pars

Nachdem Alexis Tsipras ein Referendum angekündigt hat und nachdem daraufhin der Rest der Euro-Gruppe die Verhandlungen abgebrochen hat, ist medial das Urteil über Alexis Tsipras, Giannis Varoufakis und die Syriza-geführte Regierung gesprochen: Nicht nur konservative Politiker, für die das Regieren einer solchen Partei sowieso schwer erträglich ist, sondern auch Sozialdemokraten und jetzt auch journalistische Kollegen jenseits von Jan Fleischhauer und Paul Ronzheimer machen aus ihrem dringenden Wunsch nach einem Ende dieser Regierung keinen Hehl mehr. Der Brüsseler ARD-Korrespondent Rolf-Dieter Krause sieht in den griechischen Linken keine Politiker mehr, die es noch würdig wären, in den Höhen Weiterlesen

Warum sollte Tsipras nicht den Kretschmann machen?

„Tsipras stiehlt sich aus der Verantwortung“ – so und ähnlich liest und hört man es in vielen deutschen Medien seit dem Scheitern der Verhandlungen in Brüssel. Dahinter steckt der Gedanke, dass eine Partei und der aus ihr hervorgehende Regierungschef nicht dafür da ist, den Wählerwillen zu erfüllen, sondern seinen Wählern „unbequeme Wahrheiten“ zu vermitteln und sie dazu zu bringen, sich in das unvermeidliche zu fügen. Deshalb kurz nach dem Syriza-Wahlsieg im Januar das gleichzeitig verständnisvoll-nachdenkliche Weiterlesen

Manches, nur manches, war früher doch besser….

(Einige Gedanken, nachdem ich gestern mal wieder „Hart aber fair“ geschaut habe)

Manches also, wenn auch nur manches, war früher doch besser….

….zum Beispiel, dass es im 19. Jahrhundert keine Fernseh-Talkshows mit jederzeit klatschbereitem Publikum gab, sondern Diskutanten, die sich sogar billigen Beifall verbaten: Unvorstellbar, dass heute ein Wolfgang Bosbach oder ein Gregor Gysi bei „Hart aber fair“ sagen würde:

„Meine Freunde, Schweigen würde mir bei der Erörterung ihrer Fragen mehr zusagen als Applaus. Mein Wunsch ist es, Ihr Urteilsvermögen, Ihr Verständnis, Ihr Gewissen anzusprechen und nicht Ihre Leidenschaften und Ihre Begeisterung.“

Stephen A. Douglas, der demokratische Gegenspieler des republikanischen Präsidenten Abraham Lincoln sagte genau dies Weiterlesen

„Die Griechen werden ihre Schulden nie zurückzahlen“ – aber wer sonst tut das?

Was mich an dem vielen, was über Griechenland gesagt und geschrieben wird, immer wieder frappiert, ist die Ahnungslosigkeit vieler, die die Lage des Landes und das Verhalten seiner Politiker kommentieren. Eine Meinung von vielen dieser sich genervt zeigenden Beobachter ist das resigniert-wütende: „Die Griechen werden ihre Kredite sowieso nie zurückzahlen – das Geld ist weg!“

Beispiel Neue Zürcher Zeitung 16. Juni 2015: „Ein Bondhändler meinte, allmählich sei man gegenüber Meldungen aus Griechenland abgestumpft. Zu oft seien Ultimaten verschoben, Tranchen erlassen und neue Zwischenfinanzierungen ermöglicht worden. Er glaube, dass sich die Erkenntnis durchgesetzt habe, dass Griechenland seine Schulden nicht zurückzahlen werde“.

Diese Sicht darauf unterstellt immer, dass anders als diese windigen Griechen alle anderen Staaten dieser Welt fleissig dabei sind, ihre Schulden abzutragen. Weiterlesen