Wahlkampf-Nichtigkeiten – Tagebuch

Angela Merkel doch die Klima-Kanzlerin? Pro-Baerbock-Kommentar in der „Welt“. Laschet hat jetzt Klimaexperten. Schönes Scholz-Bild ganz unten!

Ich wusste es doch: Springer-Zeitungen und anderen haben keine gezielte Kampagne gegen Annalena Baerbock geführt. Falls es eine gegeben haben sollte (manche sehen das ja so), dann wäre diese Kampagne beendet mit einem kleinen Abbinder, einem „Welt“-Interview : Wahlkampfberater Frank Stauss, aus dessen kritischer Analyse aller drei Kandidaten man noch einmal gerne seine Einschätzung Baerbocks als  „Unterqualifizierteste Kandidatin, die je für das wichtigste Amt nominiert wurde“ zur Schlagzeile machte.

Dafür aber heute die Meinung der Unternehmerin und Mutter Michaela Hagemann, die im Meinungs-Ressort sagt, sie wolle Annalena Baerbock wählen. Ein Gast-Kommentar.

Ansonsten bleibt einfach die ziemlich logische und deshalb kaum verwundernde Erkenntnis bei fast allen, dass wir auf eine Klimakatastrophe zusteuern, und dagegen etwas tun müssen.

Klimaschutz ist jetzt und fällt nicht vom Himmel“, sagte Annalena Baerbock bei einem Podium der „Frankfurter Rundschau“. Deshalb müssten die erneuerbaren Ökonomen massiver ausgebaut werden, damit der Kohleausstieg von 2038 auf 2030 vorgezogen werden könnte.

Das fordert neuerdings auch CSU-Chef Markus Söder – wie aus dem Grünen-Wahlprogramm abgeschrieben.

Dessen Ankündigungen bewertete Baerbock allerdings skeptisch. „Denn entgegen seiner Ankündigungen hätte er beispielsweise den Ausbau der Windkraft in Bayern nicht vorangebracht.“

Außerdem hat der Markus Söder schon von CDU-Kollegen Gegenwind zum Beispiel aus Sachsen bekommen, wo man an dem mühsam ausgehandelten Datum 2038 festhalten will.

Nicht im Wahlkampf ist ja unsere derzeitige Kanzlerin Angela Merkel. Die stellte sich heute zum 29. und wahrscheinlich letzten Mal in ihrer Amtszeit den Hauptstadtjournalist*innen vor der Bundespressekonferenz. Dass sie in 16 Jahren Kanzlerschaft, und davor in ihren Jahren als Kohl Umweltministerin 1994 bis 1998 nicht genügend gegen die Erderwärmung und damit gegen die drohende Klimakatastrophe gemacht habe – das sah sie da nicht so: „Ich bin der Meinung, dass ich sehr viel Kraft für den Klimaschutz aufgewandt habe“, sagte sie. Dennoch habe sie soviel wissenschaftlichen Verstand, um zu erkennen dass man schneller werden müsse.

Die Aktivist*innen von „Fridays for Future“ seien für sie (also sie und ihre Partei CDU) die Antriebskraft. Das finde sie positiv, aber FFF repräsentiere nunmal nicht die einzige Meinung in Deutschland. „Luisa Neubauer würde sagen: Da muss ich mich halt mehr anstrengen“, scherzte Merkel, und adelte  damit die von ihr offensichtlich sehr respektierte Klimaaktivistin mit einer wohlwollenden Erwähnung. Man dürfe das „Einfordern der Jugend“ nicht aus den Augen verlieren, und das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das die Bundesregierung dazu verpflichtet hatte, konkrete Klimaziele für die Zeit nach 2030 zu beschließen, habe sie ermutigt, mehr gegen die drohende Klimakatastrophe zu tun.

Tja, da muss ihr möglicher Nachfolger als Kanzler ihrer Partei noch ein wenig mehr Credibility bekommen – wenn seine Vorgängerin und Parteifreundin sogar mit Luisa Neubauer ganz gut kann. Sie spricht manchmal mit ihr.

Eben ein großer Mist: Klimakatastrophe ist doch Thema geworden. Aber ein flexibles Wahlkampfteam kann, wenn es sein muss, innerhalb kürzester Zeit ergrünen – wofür echte Grüne 40 Jahre brauchten. Söder will Kohleausstieg 2030 – Laschet hat einen anderen Joker: Einen waschechten Experten für internationale Klimapolitik! Und wer kriegt es exklusiv?

„Ruben Schuster, bislang Mitglied des Kabinetts des EU-Umweltkommissars Virginijus Sinkevicius in Brüssel, wird neuer Leiter für Auswärtige Beziehungen im Konrad-Adenauer-Haus. Dies erfuhr WELT aus Parteikreisen“. Oha, da hatten sich die Parteikreise wohl verplappert – die anderen Medien sollten das doch auch erfahren, oder? Oder ob es Tanit Koch war, die Pep in Laschets Wahlkampf bringen sollte, und als ehemalige „Bild“-Chefredakteurin wohl eine Kampagne machen darf, die sie sich als Journalistin natürlich immer verkniffen hat? Ja klar, Wahlkampagnen machen ist doch ein ehrenwerter demokratiefördernder Job!

Eine Frage stellt sich da aber tatsächlich:


Aber immerhin: Jetzt hat Laschet einen. Der Experte hat zumindest Ahnung vom Thema und hat für die Konrad-Adenauer-Stiftung gearbeitet:

Jetzt darf man gespannt sein, welchen glaubwürdigkeitssteigernden Überraschungscoup jetzt der CDU-Kanzlerkandidat in den Wahlkampf eingeben wird.

Würde man der Meinung anhängen, dass die Springer-Presse Kampagnen macht (ist ja nicht so), dann würde man sehen, dass sie nicht nur Dekreditierung beherrscht, sondern auch das Gegenteil. Zumindest würde sie es in diesem Falle versuchen. Nämlich Laschets schwächelnde Klimapolitikglaubwürdigkeit zu stärken, gegen eine winzige Exklusivmeldung als Gegenleistung. Dafür vorher noch am gleichen Tag als kleines Manöver sogar die Meinung einer Frau abgedruckt, die Annalena Baerbock wählen will. So ist es aber nicht: Keine Kampagne, weder gegen Baerbock noch für Laschet!

Und währenddessen ist der dritte Kandidat erstmal fein raus:

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