Wahlkampf-Nichtigkeiten – Tagebuch

Schulden zurückzahlen wichtiger als Klimawandel, die verschiedenen „Impftraditionen“ in Deutschland, Plagiatsnachschub stockt weiter

Guckt man, wenn kein Wahlkampf ist, gerne „Sommerinterviews“? Ich glaube kaum.

Aber immerhin sind sie mittlerweile angenehm kurz. Gute Interviewer stecken trotzdem alle Fragen hinein (oder jedenfalls viele), die man sich so wünscht. Und so ein Interview kann man dann auch mal schauen, wenn es eh nach den Nachrichten kommt, und zack – ist es auch schon wieder um. Wie schön!

Armin Laschet war heute im ZDF dran. Nur noch 15 % würden ihn nach einer neuen Umfrage direkt zum Kanzler wählen, hält ihm Interviewer Theo Koll vor. Ja, aber: Laschet setzt darauf, dass im Wahlkampf endlich über „Themen“ geredet wird, offenbar würde das seine Wahlchancen erhöhen. Es sei nur „über Baerbock“ gesprochen worden. Und dass jetzt darüber gesprochen werden müsse, wie wir unsere Schulden, die wir in der Pandemie gemacht haben, zurückzahlen, und ja, auch über den Klimawandel.

„Wichtigstes Thema ist der Klimawandel“ – das klänge anders, und das will er auch nicht sagen. Aber „Schulden zurückzahlen“ – oje, darüber wäre sehr viel zu sagen – jedenfalls ist das wohl nur in Deutschland ein Punkt, der eine Wahl entscheiden könnte. Nein, ich glaube nicht mal in Deutschland:

Hallo: Gerade sind Milliardenschäden entstanden, in NRW, in Rheinland-Pfalz und anderswo in Deutschland. Brücken müssen neu gebaut werden, Straßen, Bahngleise…. Die Infrastruktur war schon vor dieser Flutkatastrophe vielerorts marode, und es müssen noch Helmut Schmidts Glasfaserkabel verlegt werden, die Helmut Kohl gestoppt hatte und die Flugtaxi-Einführung steht auch noch an.

Aber nein: Wir müssen Schulden zurückzahlen! Ob das Laschet auch in Ahrweiler, Altena oder Hagen im Wahlkampf verkünden wird?

Jedenfalls, gar nicht schlecht: Über Themen soll geredet werden. Nicht über Plagiate, Lebensläufe, verschusselte Klausuren. Er hat sich ja schon entschuldigt, über sein Lachen bei den Flutopfern, als gerade der Bundespräsident sprach: Eine „ärgerliche Sache“, „die ärgert mich am meisten“, „es war blöde“.

Das ist bestimmt auch in Annalena Baerbocks Sinne: Sie kommt ja öffentlich kaum dazu, mal über Inhalte zu reden. Immerhin: Selbst die „Welt“ – die ja sowieso keine Kampagne gegen die Kanzlerkandidatin führt – hat die Zahl ihrer Schlagzeilen etwas heruntergefahren. Würde man unterstellen, da stecke eine Kampagne, mindestens aber eine sehr ausgeprägte Grünen-Aversion dahinter (was ja niemand tut), könnte man vermuten, dass man die Intensität des Kampfes gegen die schlimmste Partei in Deutschland und ihre gefährlich unerfahrene Kandidatin nur zeitweilig etwas herunterfährt.

Weil es sonst sogar bei sowas gerne lesenden Leser*innen zu Abstumpfung vor der Wahl führen könnte, wird es nur durch eine Schlagzeile hier und mal eine da am Köcheln gehalten. (falls jemand das so sähe).

So zum Beispiel mit einer Überschrift von „Drei Fragen an Stefan Aust“, die dem „Welt“-Herausgeber jeden Sonntag gestellt werden: „Hier bewirbt sich eine in öffentlichen Ämtern komplett unerfahrene Politikerin“. Muss man doch sagen dürfen, und damit man es auch nicht vergißt.

Da tröstet ja selbst Armin Laschet nicht nur sich, sondern auch Annalena Baerbock: Auch Angela Merkel habe ja am Anfang ihrer 16jährigen Amtszeit „erst ihre Erfahrungen machen müssen“.

Und der Klimawandel, tja: „Wenn der Klimawandel so ernst ist, hätte man früher aussteigen müssen“. Dieses blöde „man“ hat es nicht auf die Reihe gekriegt, aber sicherlich jetzt er.

„Man“ – wer ist das? Nicht nur die Union, das ist schonmal wichtig. Vom Klimawandel wissen wir ja seit 30-40 Jahren. Da haben auch andere regiert, SPD, FDP, Grüne. Und den Ausstieg aus der Kohle hätte „man“ ja auch früher machen können.

Das hätte die Kohle-Lobby bestimmt verstanden, wenn „die Politik“ ihnen Bescheid gesagt hätte, dass es doch etwas früher sein müsste. Bisher wollten nur die Grünen schon bis 2030 aussteigen, jetzt aber auch plötzlich Markus Söder.

„Mich treibt er damit nicht, das können wir in NRW schaffen“, meint Laschet, Kann also gut sein, dass der Ausstieg schon früher kommt.

Dat findet sisch, dat wird schon.

Schön fand ich seine Erklärung, warum in Deutschland die derzeit beobachtbare „Impfmüdigkeit“ mal stärker, mal schwächer eintritt: Es gibt regional unterschiedliche „Impftraditionen“:

Und es gibt ein schönes neues Wort-Kompositum mit „Impf-„. Hier bewirbt sich jedenfalls ein Politiker, der in öffentlichen Ämtern nicht „komplett unerfahren“ ist. Dann kann man eigentlich gar nicht anders, als ihn zu wählen, oder? Oder Olaf Scholz. Warum kriege ich eigentlich so wenig über dessen Wahlkampf mit? Das kann aber meine Schuld sein, und an meiner Twitterblase liegen – da kommen immer fast nur Baerbock und Laschet.

Oder – nur ein Verdacht -: will man im Willy-Brandt-Haus jetzt den Spieß mal umdrehen und die Merkel’schen Schlafwagen-Wahlkämpfe und ihre berühmte asymmetrische Wahlkampfführung mal für ihren eigenen Kandidaten einsetzen? Immerhin einem amtierenden Vizekanzler. Und kann das klappen? Trotz nur 15 % für die SPD in den Umfragen?

Ach ja – übrigens hat der Plagiatjäger noch etwas entdeckt: Annalena Baerbock hat auch Robert Habeck plagiiert:

Tja: Jetzt gerät der Plagiatjäger langsam in absurde Gefilde: Wie wäre das denn in nicht so schlimmen Kreisen wie den Grünen? Sagen wir, der INSM schriebe in eine Broschüre sowas wie:

„Wir müssen in Deutschland die Steuern senken, weil das die Wirtschaft ankurbelt“,

und dann schriebe ein FDP-Mann in einem Buch: „Es ist doch klar, dass wir die Steuern in Deutschland auf breiter Front senken müssen, weil das die Konjunktur anheizt und unsere Wirtschaft wieder ankurbelt“,

dann würde der Plagiatsjäger sagen: „Eindeutiges Plagiat: Dasselbe gesagt, nur mit leicht abgewandelten Worten“. Auch wenn der FDP-Mann und die INSM-Leute sich schon oft getroffen haben und genau diese Idee immer wieder wiederholt haben, weil es eine – vielleicht DIE – Grundidee von Wirtschaftslobbys ist.

Auch einem konservativen Journalistem von außerhalb der Springer-Welt wird das offenbar ein wenig zu verrückt und zu verrannt:

Eben. Und dann noch dies:

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