Die Arte-Doku zum Antisemitismus: Handwerklich schlecht, überfrachtet und dadurch oberflächlich

Disclaimer vor der Kritik: Fehler sollte man einräumen

Ich habe kürzlich einen handwerklichen Fehler gemacht, als Journalist. Einen, den ich nicht als solchen empfand, und den ich bis heute als einigermaßen lässlich empfinde. Aber das ist vielleicht nur eine Ausrede mir selbst gegenüber, weil ich instinktiv weiß, dass ich es von vornherein besser hätte machen sollen:

Ich habe eine Radiosendung über die Europaabgeordneten der sieben deutschen Kleinparteien gemacht, die ins Parlament gekommen sind, weil es keine Sperrklausel bei Europawahlen in Deutschland gibt. Ich interviewte jeden, den ÖDP-Mann, die Freie Wählerin, die Piratenparteilerin, den von der Familienpartei, der „Partei“ und auch der NPD. Als ich den Vertreter der Tierschutzpartei fragte, warum er mittlerweile aus der Partei ausgetreten sei, sagte er mir, im Bundesvorstand der  Partei gebe es rechte Strömungen, und deshalb sei er ausgetreten. Das habe ich so in der Sendung wiedergegeben, und es war für diese Sendung nicht weiter wichtig, weil es gar nicht um die politische Ausrichtung der Tierschutzpartei ging, sondern um die Arbeit eines Kleinparteilers im Parlament: Wie einsam fühlen sie sich, welche Mitstreiter haben sie, können sie sogar manchmal im Verein mit anderen etwas im Parlament erreichen?

Kurz drauf erreichte mich eine Mail des Bundesvorsitzenden der Tierschutzpartei, der verlangte, wir müssten die Aussage seines Ex-Parteifreundes löschen: Denn es stimme nicht, dass es im Bundesvorstand der Partei rechte Strömungen gebe. Da fühlte ich mich erwischt: Obwohl es streng genommen aus meiner Sicht nicht wichtig war, weil es bei mir nicht um interne Konflikte der Tierschutzpartei ging, hätte ich korrekterweise die Ex-Partei des Abgeordneten fragen müssen, was sie von seinem Austritt und seiner Begründung hielten. Ich ärgerte mich ein wenig über mein unprofessionelles Versäumnis und habe das dann im Podcast der Sendung nachgebessert – nicht, indem ich die Äußerung löschte, sondern das Dementi des Parteichefs als Gegenposition zitierte.

Was spricht dagegen, die andere Seite zu fragen?

An meinen Mini-Fauxpas musste ich sofort denken, als ich eine Antwort von Joachim Schröder las, dem Macher der Arte-Doku über Antisemitismus in Europa, in der er meinte, er hätte nicht die Weiterlesen